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Es ist 20 Jahre her. 
Ich hatte sehr viel abgenommen (80kg) und wollte, mittels einer Operation, meine Fettschürze am Bauch wegmachen zu lassen.

Es war eine Weile ein ringen darum, ob ich wirklich wegen einer ästhetischen Sache, so eine grosse OP machen lassen sollte?
Nun der Arzt überzeugt mich vollends mit der Tatsache, dass es eine Angelegenheit eines Arztes sei, der Wiederherstellungs-Operationen mache. Das klang doch mal schon „plausibler“ als Schönheitsoperation.

Ich begab mich also ins Spital und wurde in ein Zweierzimmer eingewiesen. Ich war (noch) als Einzige da.

Irgendwie war ich froh darum, alleine im Zimmer zu sein.
Weshalb wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Ich packte meine Kleider aus und da kam auch schon eine Pflegerin und gab mir die weiteren Anweisungen und erzählte die Vorgehensweise an diesem OP-Tag.

Zuerst musste ich noch ein EKG machen lassen.
«Vorschrift» sagte sie und zeigte mir wo genau ich hingehen musste.

Kaum wieder im Zimmer angekommen, kam eine weitere Pflegefachperson und gab mir eine Tablette, die sei zum Beruhigen, sagte sei freundlich lächelnd.

«ich bin aber gar nicht nervös, muss ich sie dann trotzdem nehmen?» fragte ich.
«Nehmen sie sie einfach, sie sind dann ruhiger» wiederholte Sie nochmal.

Naja ich hab doch gesagt ich bin nicht nervös, dachte ich.
Ich beschloss die Tablette nicht zu nehmen, schliesslich ging es mir ja gut.

Es verging eine Weile da kam eine weitere Person ins Zimmer und sagte mir – ich solle mich ins Bett legen – sie würde mich jetzt holen um mich samt Bett in den Vorbereitungsraum zu fahren. 
Sie sah die Tablette im Becher und fragte ob ich die denn nicht nehmen wolle. Ich schüttelte den Kopf. Sie fuhr das Bett und mich durch die Gänge in den Lift und schliesslich stellte sie mich mit den Worten: « es kommt gleich Jemand» in einem kalten Raum ab.

«Guten Tag Frau Bauer, ich bin die zuständige Operationsfachkraft und überprüfe jetzt noch kurz ihre Personalien.» 
Sie fragte mich auch wegen Transfusion von Blut. 

Verängstigt winkte ich ab, denn damals war noch AIDS das grosse Thema bei Blutkonserven. 
Ich winkte auch noch ab, weil ich ja noch zwei jüngere Kinder hatte, 
denen ich gerne noch eine Weile Mutter sein wollte.

«Nein ich will kein Blut und auch sonst nichts transplantiert bekommen!» sagte ich mit Bestimmtheit. 
Sie notierte alles, verabschiedetet sich und ging dann wieder.

Nach den Fragen kamen noch andere Personen und ich wurde gebeten mich auf eine schmale Liege zu legen. 
Ich rutschte hinüber und der Anästhesist (er hatte sich so vorgestellt) erklärte mir genau was jetzt alles gemacht wird, wegen der Narkose.
Ich hörte einfach zu und dachte mir, es darf beginnen.

Die Narkose wurde eingeleitet und kurz darauf (für mich war es so) klopfte mir Jemand auf die Wangen.
«Frau Bauer wachen sie auf! Wachen sie auf!» sagte eine penetrant wirkende Stimme immer wieder. 
Ich öffnete ganz wenig die Augen und sah ein Frauengesicht über das Meinige gebeugt.
«Bitte Frau Bauer, sie brauchen dringend Blut, sie haben bei der OP aussergewöhnlich viel Blut verloren!»
«Kein Blut» hörte ich mich lallen.
 «Aber es ist lebensnotwendig Frau Bauer!» ich war schon wieder weit weg, als ich das hörte. 
Ich wiederholte (ob es hörbar war, wusste ich nicht) «kein Blut!»

Als ich wieder wach wurde, sagte mir eine Pflegerin, ich sei noch auf dem Notfall ich bräuchte dringend Blut, mein Herz müsse sonst übermässiges leisten. 
Eine Bluttransfusion wäre dringend notwendig, damit das Herz nicht gänzlich aussetzen würde.

«NEIN! Ich will nicht!»
Ich spürte wie ich schon wieder weg glitt. 
Irgendwie fühlte sich das Weggleiten, immer tiefer als normaler Schlaf an 
– das bekam ich irgendwie jedes Mal mit und dachte dan so bei mir…
… das ist irgendwie schön.

Ich wurde jeweils immer nur ganz kurz wach und bemerkte aber auch, wie ich immer tiefer glitt. 
Ich bin sicher bald tot, dachte ich noch so bei mir. 

Weit weg hörte ich eine Stimme – die schon fast schrie: „ihr Blutdruck, ihr Puls!“

Das nächste Mal als ich die Augen öffnete – sah ich mich auf dem Bett liegen!
Es war stockdunkel um mich herum.

Ich stand neben dem Bett und sah auf die Uhr. 
Sie zeigte mit leuchtenden Zahlen .. 00.00 .. aha 0 Uhr, war ein Gedanke.

Erst da bemerkte ich, dass ich gar nicht auf dem Boden zu stehen schien. 
Ich sah wiederholt zum Bett auf dem ich mich liegen sah – und dann wieder zur Uhr,
….die im Dunkeln hell zu leuchten schien. 
Sie zeigte ständig 00.00

Es war, als ob ich mich «durchsichtig» fühlte. 
Eine Art gänzlich zufreiden mit Allem was gerade war. 
Eine grosse Liebe schien mich sowohl zu umhüllen, als aber auch zu durchdringen.
Ich war diese Liebe!

– und dann bemerkte ich, dass ich mich weder umdrehen noch sonst etwas tun musste, 
um den ganzen Raum überblicken,
… ja fühlen, wahrnehmen, hören, riechen, schmecken, zu können.
Ich war wie eine Art „RaumZeitPerson“ (ein anderes Wort fällt mir dazu nicht ein, weil es im Grunde unbeschreiblich ist)

Plötzlich «sah» ich in meinem Rücken (ohne dass ich mich umdrehte) ein wundervolles Licht und ich hörte eine Art Musik und eine Stimme voller Liebe, aber sehr bestimmt,
die zu mir sagte: 
«Dreh dich nicht um!» 
…ich schaute wieder zu Uhr – immer noch 00.00.

es war ein seltsames Sein/Gefühl/Wahrnehmen (es gibt kein Wort dafür)
– ich war der Raum aber, auch nicht – ich nahm alles wahr auch «durch die Wände» hindurch

Da war eine liebevolle, aber bestimmte, Stimme und ich verstand nicht genau was die Stimme von mir wollte.

Ich fand dieses helle Licht so anziehend, so lieblich, so unbeschreiblich magisch
… und warum sollte ich mich dann nicht umdrehen? 

Ich mache doch immer noch was ich will.. (war da so ein Gedanke/Gefühl – oder was das auch immer war) ..

 
Plötzlich nahm ich, im Licht, Gestalten wahr, die mir vertraut schienen. 
Ich wollte mich umdrehen, aber es geschah irgendwie nichts. 
Umdrehen war wie nicht möglich!

….dann begann ein Film zu laufen.
Nein nicht Bild für Bild – Alles zugleich! 
Ich erkannte Szenen aus meiner Kindheit.. die Stimme meldete sich wieder aus dem Licht:
«dreh dich nicht um!»

wieder der Blick auf die Uhr.. 00.00
inzwischen sah ich mich wie von «Oben herab» auf dem Bett.. der Raum und ich
«durchsichtig» dunkelblau.

Die Stimme warnte ein drittes Mal: «Dreh dich nicht um!»

So jetzt aber genug! 
Jetzt drehe ich mich um – ich will wissen was da ist, was mich so magisch anzieht, mich umhüllt, mich wärmt, mich „ruft“.
Es war eine riesiger Drang in mir entstanden, der Drang mich umdrehen zu wollen!

Ich wollte mich umdrehen, mich dem Licht direkt zuwenden, hineinblicken!“
Aber es war wie, wenn auf einmal der „Film“ riss…

…und als nächstes spürte ich, wie mir ein Kissen unter den Kopf geschoben wurde! 

«Frau Bauer, Gott sei Dank sie sind wieder da!»
ja natürlich bin ich da – wo sollte ich sonst sein – dachte ich so.

«Sie hatten einen kurzen Herzstillstand Frau Bauer, sie brauchen dringend Blut!»
Das Zimmer war hell erleuchtet – Pflegepersonal schwirrte herum…
 und ich sagte, wie wenn ich nie etwas anderes gewollt hätte:
«Ja dann machen sie – ich habe ja schliesslich Kinder!»

Ab da ging alles sehr schnell. 
Ich bekam am Fuss eine Nadel gesteckt und so die notwendige Bluttransfusion.

Es fand deshalb am Fuss statt, weil sie weder an den Armen, noch an der Hand eine Nadel platzieren konnten.

«Jetzt geht es ihnen schnell besser, sie werden sehen» sagte eine Frau mit lieblicher Stimme zu mir. Sie sah für mich, wie ein Engel aus.  
Ich dachte nur – jetzt ist eh alles egal, Hauptsache ich kann weiter für meine Kinder da sein!

Ich habe diesen Vorfall danach vollkommen vergessen (oder verdrängt).
Jedenfalls kam ich schnell wieder zu Kräften und durfte nach der vorgesehenen Zeit das Spital verlassen.

Erst ca. 2 Jahre später – bei einem 12monatigen Lehrgang, als spirituelle Sterbebegleiterin– sollte das Thema wieder in meine Erinnerung gerufen werden.

In einem der unzähligen Workshops ging es um das Thema – Nahtod.
Ein Teilnehmer erzählte darin, von seinem schweren Unfall, den er erst vor Kurzem gehabt habe und bei dem er eine Nahtodeserfahrung gemacht habe.

Er sagte, er konnte danach nicht wie vorher weiterleben, er sehnte sich ständig nach dieser Liebe in diesem Licht und er wäre fast verrückt geworden darüber. 

Er erzählte weiter – dass er sich in einer Selbsthilfegruppe angemeldet habe, in der Menschen mit einer Nahtodeserfahrung einander Beistand gaben und sich gegenseitig halfen.

Ich sass einfach da und hörte gebannt zu. 
Tränen liefen über meine Wangen und ich fing auf einmal laut zu weinen an. 

Die anderen Teilnehmer fragten sofort nach was denn mit mir sei?
Ich erzählte ihnen, dass ich durch seine Erzählungen erkannte, dass das, was mir ca vor 2 Jahren zugestossen ist – sich fast identisch anhörte und auch so anfühlte. 

Ich begriff erst in diesem Augenblick – dass ich wohl (auch) eine Nahtodeserfahrung gehabt hatte – damals, vor 2 Jahren, im Spital.

Während dieses Ausbildungsjahres hatte ich mehrmals Gelegenheit mich mit diesem Teilnehmer auszutauschen.
Ich ging dann auch für kurze Zeit in die Selbsthilfegruppe. 

Allmählich fand ich «Frieden» mit dem Ganzen und die Sehnsucht wurde Gott sei Dank immer weniger ..

bis auf den Tag, als… 
…aber das ist dann wieder eine andere Geschichte..